CO: 1. Preis beim obersöterreichischen Handwerkspreis 2015 – was waren Ihre ersten Gedanken zu dieser Auszeichnung?
GW: Wer mich bei der Preisverleihung gesehen hat weiß, es war pure Freude, die ich in diesem Augenblick empfunden habe, aber auch Dankbarkeit für die Anerkennung meiner
Arbeit.

CO: Sie sind ja schon seit Jahrzehnten sowohl in Deutschland, als auch in Österreich ein sehr erfolgreicher und geschätzter Uhrmacher. Wie haben Sie eigentlich die Liebe zu diesem Beruf gefunden. Stammen Sie auch einer Uhrmacherfamilie?
GW: Nein, meine familiären Wurzeln sind in einer Weberfamilie, ich stamme aus dem sogenannten Bandel-Kramerlandl in Niederösterreich ab. In diesem Gebiet wurden die Bänder für die herumwandernden Hausierer gemacht, die vor allem Kurzwaren verkauften. Nach der Hauptschule und einer Werkstattbesichtigung mit meinem Vater bei einem Juwelier, der auch Uhrmacher, Goldschmiede und Optiker ausbildete, war für mich klar, dass ich einen dieser Berufe erlernen möchte. Schlussendlich bin ich Uhrmacher geworden.

CO: Was war die Motivation, diese Uhr herzustellen, oder haben Sie sie schon im Hinblick auf die Teilnahme am Handwerkspreis gemacht?
GW: Nein das nicht, aber nachdem ich nach einer einjährigen Bauzeit gerade mit dieser Sonderkonstruktion einer Präzisionspendeluhr fertig geworden war, las ich von der Ausschreibung des Handwerkspreises. Daraufhin habe ich das Projekt eingereicht. Aber gebaut habe ich die Uhr deshalb, weil ich seit 1987 im Besitz von 2 Invar-Pendelstäben bin, die mir damals Bau einer Torbilions Sekunden- Pendeluhr übriggeblieben sind. Ich entwarf also eine neue Konstruktion – legte dabei die Hemmung unter das Zifferblatt, stattete die Rücklaufsperre und alle größeren Lager mit Präzisionskugellager aus und versah Hemmung und Anker mit Rubinlager. Die Laufdauer erhöhte ich auf 3 Monate, die Ganggenauigkeit liegt bei 5 Sekunden Gangabweichung im Jahr. Alle 480 Teile wurden von mir gezeichnet, berechnet und gefertigt.

CO: Sie sind ja Spezialist für die Restauration von alten, antiken Uhren – wie lange braucht ein Junguhrmacher um hier den Anforderungen zu entsprechen?
GW: Diese Frage kann man natürlich nicht mit einer exakten Zeitdauer beantworten. Wenn die Voraussetzungen wie Talent und guter Unterweisungsbetrieb gegeben sind, muss man meines Erachtens aber doch mit mindestens 5 Jahren rechnen, um sich als Spezialist bezeichnen zu können.

CO: Sie feiern heuer einen halbrunden Geburtstag und erreichen damit das reguläre Pensionsantrittsalter. Denkt ein Handwerkspreisträger nach so einem Erfolg ans Aufhören?
GW: Nie und nimmer. Solange es gesundheitlich möglich ist, werde ich dieses Handwerk ausüben. Beweggrund dafür sind aber nicht nur meine Leidenschaft und Profession dem Handwerk gegenüber, sondern ich möchte der Jugend ein Vorbild sein und meine Erfahrungen weitergeben. Der Handwerkspreis hat mich in dieser Hinsicht noch bekräftigt.

CO: Vielen Dank Gerhard für das Interview und alles
Gute für die Zukunft.

uhrmacher

© Text und Fotos: Erika Marschner und Christian Oucherif

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