Rudolf Tutz lernte das Handwerk des Holz- und
Blechblasinstrumentenerzeugers im väterlichen
Betrieb in Innsbruck. Dieser Betrieb wurde bereits
von seinem Urgroßvater 1875 gegründet, der, wie
so viele der heimischen Instrumentenbauer, ursprünglich aus
Böhmen kam. Nach einem Praktikum bei Richard Müller in
Bremen, wo Rudolf Tutz seine Kenntnisse im Holzblasinstrumentenbau,
insbesondere dem Flötenbau vertiefen konnte,
musste er den Betrieb schon in jungen Jahren nach dem frühen
Tod des Vaters 1963 übernehmen. Wie er selbst erzählte,
bestand die Klientel aus Tiroler Blasmusikern des Amateur und
semi-professionellen Bereichs, die man mit Instrumenten
versorgte und für die man notwendige Reparaturen durchführte.
Rudolf Tutz führte das Unternehmen in dieser Art
weiter, der Schwerpunkt verlagerte sich im Lauf der Jahre von
den Blechblasinstrumenten mehr zu den Holzblasinstrumenten
und zusammen mit seiner ersten Frau Veronika wurde der
Betrieb zu einem „Musikhaus“ für Blasinstrumente mit Verkauf
und Werkstätte ausgebaut. Es wurden einige Lehrlinge
ausgebildet, allein die Werkstätte beschäftigte meistens bis
zu 5 Mitarbeiter. Über Jahrzehnte war der Betrieb Rudolf Tutz
für die meisten Tiroler Blasmusiker die erste Adresse wenn
es um Kauf, Wartung, Reparatur, aber auch Spezialprobleme
oder Sonderanfertigungen von Blasinstrumenten ging.

Aber Rudolf Tutz war noch viel mehr, er konnte mehr und er wollte mehr.

Seine Welt war die der alten Musik, der Nachbau und die
Weiterentwicklung der historischen Blasinstrumente und
die Zusammenarbeit mit den professionellen Musikern der
Barockmusikszene.

Schon als junger Instrumentenbauer kam er mit historischen
Blasinstrumenten aus Museen in Berührung und 1963 baute
er eine erste Barocktrompete als sich damals Innsbruck
gerade zu einem Zentrum der internationalen Barockmusikszene
zu entwickeln begann. Umfeld und Zeitpunkt waren also
günstig um in Kontakt mit historischen Instrumenten und den
einschlägigen Musikern zu kommen.

Zunächst widmete sich Rudolf Tutz dem Nachbau von historischen
Klarinetten und Bassetthörnern, zunehmend vertiefte
er sich aber in sein besonderes Spezialgebiet, die Traversflöte,
worin er es zu wahrer Meisterschaft und Weltruhm brachte.
Heute gibt es praktisch kein bedeutendes Barockorchester
in dem nicht seine Instrumente gespielt werden.

Besonders hervorzuheben ist seine fruchtbare Zusammenarbeit
mit Musikern, er verstand es hervorragend auf deren
Vorstellungen, Kritik und Ideen einzugehen, diese richtig zu
interpretieren und genial umzusetzen. Die Musiker mochten
ihn und verehrten ihn. Zwei Namen sind hier nur beispielhaft
zu erwähnen: Barthold Kuijken der ihn als erster dazu animierte
sich dem Traversflötenbau zu widmen und jahrzehntelang ein wichtiger Partner bei der Weiterentwicklung seiner Traversflöten war, und die Barockflötistin Linde Brunmayr mit
der er nach dem Tod seiner ersten Frau Veronika in 2. Ehe verheiratet war.

Rudolf Tutz war ein unermüdlicher Tüftler, Forscher und Arbeiter.
Bis spät in die Nacht arbeitete er in seiner Werkstatt,
er vermaß unzählige Instrumente, sammelte Informationen
aus alten Quellen und stellte Überlegungen an wie er zum
„idealen“ Ton des jeweiligen Instruments finden konnte. Intuition,
Innovation und Erfahrung waren wesentliche Elemente
seiner Arbeitsweise und seine handwerkliche Umsetzung
war zweifellos genial, er kam immer wieder auf originelle
und auch unorthodoxe Lösungen, wenn es darum ging seine
Ideen und seine Klangvorstellungen in ein neues Musikinstrument
zu verbauen.

Rudolf Tutz betrachtete jedes ungelöste Problem, jede instrumentenbauerische
Fragestellung als Herausforderung, die
er in Angriff nehmen wollte. Auf diese Weise entstanden die
verschiedensten Instrumente, die man nicht erschöpfend aufzählen
kann. Neben unzähligen Traversflöten aller Stimmlagen
und Ausführungen entstanden auch viele Bassetthörner,
historische Klarinetten und Chalumeaus, auch das Wiener Horn und Wiener Oboen wurden gebaut, einige historische
Blechblasinstrumente, Barockfagotte, Innovationen für moderne
Klarinetten und etliches mehr.

Für seine außerordentlichen Verdienste um die Musik
wurden ihm mehrere Preise und Auszeichnungen verliehen:
Er erhielt den Berufstitel Professor, den Jakob Stainer-Preis
des Landes Tirol für seine Verdienste um die alte Musik und
das Ehrenzeichen für Kunst und Kultur der Stadt Innsbruck.
Rudolf Tutz war Tiroler Landesinnungsmeister der Musikinstrumentenerzeuger
und Bundesinnungsmeisterstellvertreter
bis zur Zusammenlegung bzw. Neugründung der Innung der
Kunsthandwerke 2010.

Rudolf Tutz verstarb am 26. August im 77. Lebensjahr nach
schwerer Krankheit. Sein Betrieb wird von seinem Sohn
Rudolf weitergeführt.

Wir sind stolz einen so hervorragenden und international
bedeutenden Instrumentenbauer als Mitglied unserer Innung
gehabt zu haben.

Wir trauern um einen liebenswerten Menschen, dem wir ein
ehrendes Andenken bewahren werden.

 

Text: Christian Rauch

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